Urteilt nicht, versucht zu verstehen

von Hakan Arabacıoğlu,
aus dem Türkischen von Kerem A.

Vor zwei Jahren sah ich beim Sommerhaus, wie das fünfjährige Enkelkind unseres Nachbars ins Meer ging. Als es herauskam, wusch es sich jedes Mal die Füsse mit einem feuchten Tuch ab. Nur mit Finken stand sie auf dem Sand. Die Eltern sagten bei diesem Anblick stets Dinge wie "Ahh, die hat einen Putzfimmel!", "Mensch, ist dieses Mädchen pingelig!"


Die Situation war für mich sehr merkwürdig. Ich sagte zu mir, dass ich mit ihr reden sollte. Ich setzte mich neben sie

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Ist Schweigen immer Gold?

Ein bekanntes Sprichwort zum Schweigen und Reden lautet:

Reden ist Silber und Schweigen ist Gold

Ist schweigen wirklich immer Gold? Auch beim Gold gibt es eine Karätigkeit und „an seinem Feingehalt muss  alles abgezogen werden, was heute an Vorsicht, Müdigkeit, Resignation, Feigheit und Angst ist“ (Wilhelm Schloz)

Das ist richtig, denn schweigen ist nicht grundsätzlich immer positiv zu bewerten, es kann sowohl gut, als auch schlecht sein, genauso wie das Reden. Wenn ich zum Beispiel schweigend zuschauen würde, wie jemandem Unrecht geschieht, wäre das Schweigen falsch. Der Grund des Schweigens könnte Angst, Resignation, Gleichgültigkeit  oder schweigendes Zustimmen sein. Hier wäre es besser zu reden, sich einzumischen um zu helfen, aufzurütteln  und zu unterstützen.

Schweigen kann auch einfach „keine Lust haben“ bedeuten,  Desinteresse oder  Bequemlichkeit sein oder auch Betroffenheit ausdrücken. Es gibt viele Gründe für das Schweigen und jeder muss einzeln betrachtet werden.

Unerlässlich ist das Schweigen jedoch immer  beim richtigen Zuhören. Denn nur wenn ich schweige – auch in Gedanken – kann ich mich ganz auf meinen Gesprächspartner einlassen und richtig hin- und aktiv zuhören.

Es kommt also darauf an die richtige Mischung zwischen beidem zu finden. Zu schweigen oder zu reden, wo und wann  es jeweils angebracht ist. Das ist nicht immer einfach und bedarf der Achtsamkeit.

Ein gewaltiges Stückchen

So hat auch das Gute seine Zeit und wenn man sich selbst Zeit lässt und diese Tatsache im tiefsten Innern annimmt, so wird man hörig für die vielen schönen Dinge, die bereits um einen sind. So empfinde ich gerade tiefe Dankbarkeit für viele Dinge. Dass ich genug Essen habe, Augen und Ohren besitze. Lachen und Atmen kann, ohne dass es weh tut. Die Farben in der Natur wie ein kleines Kind bewundern kann. Töne und Klänge auf der Haut spüre, an Menschen denken darf, die mir wichtig sind und die Gedanken an diese Seelen mich mit Wärme erfüllen und mit der Neugier, weitere dieser Seelen da draußen kennenlernen zu dürfen mit Gottes Erlaubnis. So danke ich Dir dafür, dass Du solch eine Seele bist. Aus der Menschheit ein gewaltiges Stückchen, ein Geschenk. 🙂

Was man besitzt, das sieht man nicht und davon weiß man kaum
(Hermann Hesse)

Toleranz

Frieden sei mit euch, liebe Freunde!

Erst gestern hatten wir über das „Öffnen der Augen“ geschrieben. Es gibt zahlreiche Beispiele, wo wir unsere Augen noch verschlossen haben. So kann es zum Beispiel sein, dass wir vorgefertigte Meinungen über das Militär haben. Die Reaktionen, die Worte oder das Verhalten der Mitmenschen auf solch eine Art und Weise verstehen, so dass wir auf sie ähnlich reagieren wie im eigenen familiären Umfeld. Oder aber, dass wir in der Auseinandersetzung mit anderen Weltbildern „vor eine Wand“ treten. Etwa wenn man als traditionell eingestellter Muslim mit einem Atheisten zu tun hat. Das sind alles Beispiele, wo wir in uns fühlen können, dass wir uns verschließen.

Ein Auszug aus Michael Schmidt-Salomons Buch „Manifest des evolutionären Humanismus“ zusammen mit weiteren Gedanken soll in diesem Sinne ein Beispiel sein, das ich so Gott will in ein paar Tagen kommentiere. Die Gedanken im Text sind wahrhaftig ein guter Spiegel dafür, sofern man selbst tief verwurzelte Überzeugungen im Glauben hat, wie schwer es manchmal ist sich einem andersartigen Blickwinkel zu öffnen. Die Welt mit den Augen eines anderen zu sehen, um die eigenen Augen ein Stück weit öffnen zu lassen.

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Beten bedeutet Hören

Beten ist nicht bitten. Es ist ein Sehnen der Seele. Es ist das tägliche Eingeständnis der eigenen Schwachheit. Es ist besser, in das Gebet ein Herz ohne Worte zu legen, als Worte ohne Herz.
Mahatma Gandhi

Beten ist ein Sehnen der Seele –  es ist das Sehnen nach Antworten, nach inneren Frieden und Ruhe. Im Gebet bringen wir unsere Ängste, Sorgen, Schuld und unsere ungelösten Fragen vor Gott. Dabei müssen wir nicht immer viele Worte machen. Manchmal fehlen uns auch die Worte, obwohl uns das Herz voll ist. Aber man muss auch nicht immer viel reden, Gott weiß ja was in unserm Herzen ist. Ich denke, dass das Gebet vor allem auch Hören bedeutet. Still werden und mit dem Herzen hören, bis man Gott „hört“. Ohne dieses Hören, wäre mein Gebet nur ein Monolog. Wenn wir reden können wir nicht hören. Wir müssen auch still werden und schweigen – vor allem auch innerlich – um hören zu können. Dieses innere Schweigen ist sehr wichtig, denn selbst wenn wir äußerlich still sind, so bedeutet das nicht automatisch, dass es in uns „leise“ ist. Wenn nicht auch die Gedanken zur Ruhe kommen und schweigen, dann passiert es leicht, dass man etwas überhört. Bin ich zum Beispiel in einem Gespräch nicht ganz bei der Sache und höre nicht mit ganzem Herzen zu, dann überhöre ich vieles. Meistens merkt es der Gesprächspartner dann auch und sagt vielleicht: „Du hörst mir  gar nicht richtig zu, du bist in Gedanken ja ganz woanders“. Genauso ist es beim Gebet. Die Sehnsucht nach Antworten und inneren Frieden kann nur erfüllt werden, wenn ich in jeder Hinsicht still werde und (zu-)höre.

Richtig Zuhören

Wer verstehen will, der muss zuhören können.
– Erhard H. Bellermann –

Gutes Zuhören bedeutet sich ganz auf sein Gegenüber einzulassen, mit allen Sinnen dabei zu sein und mit allen Sinnen wahrzunehmen. Nicht nur die gesprochenen Worte zu hören sondern auch „ganz Ohr zu sein“ für die Zwischentöne, die Schwingungen, Veränderungen in der Stimmlage und auch für die ungesagten Worte. Richtiges Zuhören bedeutet auch einmal Stille aushalten zu können, nicht zu unterbrechen oder vorschnell zu antworten – auch nicht in Gedanken.

Wenn Sie wirklich zuhören, dann geschieht dabei ein Wunder. Das Wunder besteht darin, dass Sie ganz bei dem sind, was gesagt wird, und gleichzeitig ihren eigenen Reaktionen lauschen.
– Krishnamurti –

Wenn wir richtig zuhören sind wir ganz bei dem Gesagten, aber gleichzeitig können wir auch in uns hören. Was kann ich dort „hören“, wie reagiere ich auf das Gesagte, welche Töne und Schwingungen kann ich in mir wahrnehmen? So können wir durch das richtige Zuhören nicht nur andere oder eine Sache, sondern auch uns selbst besser verstehen lernen.