Ich bitte dich hinaus zu geh'n
die wilde Schönheit einzusaugen,
die Wunder der Erde zu beseh'n
mit dem Staunen von Kinderaugen
Edna Jaques
Können wir eigentlich noch staunen?
In unserer heutigen Zeit, die sehr schnelllebig ist und in welcher die Wissenschaft fast alles erklären kann, fällt es uns oft schwer kleine Dinge bewusst wahrzunehmen und über etwas zu staunen.
Wenn wir gesund sind, ist es für uns normal und selbstverständlich, dass wir uns bewegen, sehen, hören und sprechen können. Wir wissen warum es möglich ist und was im Körper dabei abläuft. Es ist auch normal und selbstverständlich für uns, dass auf einen Winter der Frühling folgt, dass dann alles beginnt zu blühen, die Tage länger und wärmer werden. Es ist normal, dass auf eine Nacht der Tag folgt, dass es Regen gibt oder dass die Sonne scheint. Wir kennen oft alles bis zur kleinsten Zelle und ihren Aufbau mit ihrem Zellkern, den Ribosomen, Vesikel, Golgi-Apparat, Mitochondrien und ihre Funktionen. Wir wissen um kleinste Teilchen wie Atome, Elektronen Neutronen und Quarks. Ja selbst die Gene können wir bestimmen und verändern. Wir wissen was im Inneren eines Menschen abläuft, welche Funktionen in Gang gesetzt werden, zum Beispiel bei der Nahrungsaufnahme, beim Sprechen, beim Sehen und Hören. Wir wissen um die physikalischen Gesetze, um Ordnungsmuster in der Natur und um chemische Strukturen.
Können wir da trotzdem noch staunen über die scheinbar einfachen Dinge?
Staunen über einen Sonnenaufgang, über das Gras oder die kleine Blume, die den Asphalt durchbricht. Staunen über den Frühling, wie er in jedem Jahr aufs Neue geschieht, einfach so. Fast über Nacht beginnt alles zu blühen und auch die Zugvögel kehren zurück. Ich staune immer wieder darüber, wie sie ihren Weg finden. und wissen wann sie aufbrechen müssen. Aber ich staune auch über den Aufbau einer Zelle, wie perfekt alles angelegt ist, über die physikalischen Gesetze und die chemischen Strukturen, über all das was die Wissenschaft erforscht, aufgedeckt und uns an Wissen zugänglich gemacht hat. Und ich muss gestehen ich staune trotz allem Wissen darüber immer wieder, dass ich mich mit einem Menschen per Telefon unterhalten kann, der hunderte von Kilometern entfernt ist, so als ob diese Person direkt neben mir steht.
Jedoch bleibt bei allem was wir wissen und erforscht haben so manches mal die Frage nach dem 'Woher' und dem 'Warum' unbeantwortet. Vielleicht werden wir auch diese Fragen eines Tages beantwortet können, vielleicht aber auch nie ganz.
Aber wenn ich zum Beispiel auf einem Berg stehe und in die unendlich scheinende Ferne blicke, wenn ich sehe wie sich ein Vogel scheinbar schwerelos durch die Lüfte bewegt, wie Steinböcke und Gemsen mit Leichtigkeit steilste Felsen überwinden ohne abzustürzen, wie aus Felsen Blumen und Sträucher wachsen können, wie die Wolken dahin ziehen, dann muss ich gestehen, denke ich nicht nach über physikalische Gesetze, Erklärungen oder nach dem "Warum". Dann freue ich mich einfach an dem Anblick und genieße den Augenblick. Dann staune ich und finde einfach alles nur "wunder-bar" – und ich danke Gott dafür.
Wann und worüber haben Sie zuletzt gestaunt?
"Die schönste Erfahrung, die wir überhaupt machen können, ist jene des Geheimnisvollen. Es ist das grundlegende Gefühl, das am Ursprung wahrer Wissenschaft und wahrer Kunst steht. Alle, die dieses nicht kennen und nicht mehr staunen können, sind so gut wie tot und ihre Augen sind verblasst."
Albert Einstein