Du sollst nicht stehlen (2.Mose 20,15)

Dieses Gebot richtete sich ursprünglich gegen Menschendiebstahl. Heute denken wir dabei sicher in erster Linie an das Entwenden von fremden Eigentum, an Diebstahl – im Kleinen, wie im Großen. Hier ist das Stehlen offensichtlich und wenn ich jemandem etwas stehle oder immer damit rechnen muss, dass mir selbst etwas gestohlen wird, wenn man sich ständig gezwungen sieht, sein Eigentum zu schützen, dann kann natürlich kein Vertrauen entstehen und somit auch kein gutes Miteinander. Es herrscht eine ständige Atmosphäre des Misstrauens.

Auch Betrug fällt meines Erachtens unter diese Kategorie. Wenn etwas durch Betrug in meinem Besitz gelangt, wenn ich andere in einem Handelsgeschäft über den Tisch ziehe, jemanden übervorteile, wenn ich Wucherzinsen verlange, Steuern hinterziehe oder auch Steuern verschwende, dann ist dies auch Diebstahl. Und auch derjenige, der mit legalen Mitteln und aus einer Machtposition heraus anderen Menschen die Lebensgrundlage entzieht oder ihnen das Lebensnotwendige vorenthält, stiehlt.

Das Gebot, nicht zu stehlen, sehe ich auch als eine gute Richtschnur für fairen Handel und für faire Arbeitsbedingungen. Weder Käufer noch Verkäufer sollen übers Ohr gehauen werden, jeder soll das erhalten, was ihm zusteht, das Preis-Leistungsverhältnis soll stimmen und gerecht sein und auch das richtige Maß und Gewicht eingehalten werden (hierzu auch 3.Mose 19, 35-36: "Ihr sollt nicht unrecht handeln im Gericht, mit der Elle, mit Gewicht, mit Maß. Rechte Waage, rechtes Gewicht, rechter Scheffel und rechtes Maß sollen bei euch sein…").  Doch leider ist dies häufig nicht der Fall.
Ich denke hier zum Beispiel an die vielen Kleinbauern und Menschen in den sogenannten Drittweltländern, die oft dazu gezwungen sind, ihre Ernten zu Niedrigstpreisen an große Konzerne zu verkaufen. Diese Großkonzerne ziehen die Kleinbauern über den Tisch und bereichern sich an ihnen und ihrer Arbeit, während diesen Kleinbauern und ihren Familien kaum genug zum Leben übrig bleibt.
Ich denke hier auch an Arbeiter und Arbeiterinnen überall auf der Welt, die für Hungerlöhne und unter schlechten, oft sogar gesundheitsschädlichen Bedingungen arbeiten müssen. Selbst bei uns, in Zeiten knapper werdender Arbeitsplätze, werden Menschen ausgebeutet und ihre Situation ausgenützt, wenn sie Niedriglöhne erhalten, die in keinem gerechten Bezug zu ihrer geleistete Arbeit stehen.

Aber nicht nur die Ausbeutung von Menschen und ihrer Arbeitskraft ist Diebstahl, sondern auch die Ausbeutung von Ressourcen, denn dies bedeutet viele Menschen und auch die nachfolgenden Generationen ihrer Lebensgrundlage zu berauben. Bodenschätze, Rohstoffe und vor allem Trinkwasser sind ein Allgemeingut. Hier sollte global und über Einzel-oder Staatsinteressen hinaus gedacht werden, damit eine gerecht Verteilung stattfinden kann. Dies ist sicher eine der großen Herausforderungen für die Menschheit. Ein Indianisches Sprichwort lautet:
"Wir haben die Erde von unseren Eltern nicht geerbt,sondern wir haben sie von unseren Kindern nur geliehen."
Diese Tatsache sollten wir uns immer wieder vor Augen halten.

Letztendlich möchte ich aber auch noch einmal auf den ursprünglichen Sinn diese Gebots zurückkommen, denn auch heute noch geschieht Menschenhandel im großen Stil. Meist gut getarnt und daher nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Denn Zwangsprostitution, Kinderpornographie, Kinderarbeit, finanzielle und sexuelle Ausbeutung von abhängigen Arbeitskräften, Kinderhandel (Verkauf an Adoptionswillige) und Handel mit Arbeitssklaven ist nichts anderes als Menschenhandel. Diese Menschen werden nicht nur ihrer Freiheit, sondern auch noch ihrer Würde beraubt.

Dies sind nur einige ausgewählte Stichpunkte, die uns zum Nachdenken anregen sollen, wo oder wann vielleicht auch wir, sei es bewusst oder unbewusst, direkt oder indirekt, Diebstahl begehen oder uns zu Helfershelfer machen oder machen lassen.

5 Gedanken zu “Du sollst nicht stehlen (2.Mose 20,15)

  1. Salam
    Es ist sehr schön erklärt, was sich alles unterm Diebstahl verbirgt.
    Danke für diese kostbaren Informationen 🙂

    Salam

  2. Ich möchte mal eine Anmerkung machen und zwar, dass in 2.Mose 20,5 nicht das Gebot du sollst nicht stehlen steht. Der Bibeltext gehört zum 2 Gebot. Der wo steht das wir uns keine Bilder von Gott machen sollen usw. Also wenn man schon was aus der Bibel zitiert dann sollte man doch bei der Wahrheit bleiben. Das Gebot zum gegen Stehlen ist das 8 Gebot. Vieleicht sollte hier jemand nocheinmal die 10 Gebote lesen bevor man soetwas postet.

    • Liebe Frau Kaufmann,

      besten Dank für Ihr aufmerksames Lesen und Ihren Hinweis. Es handelt sich hierbei allerdings nicht Unkenntnis meinerseits, sondern um einen Tippfehler. Ich hatte eine "1" vergessen. Richtig heißt es natürlich 2.Mose 20,15 und nicht 2.Mose 20,5. Ich habe es gleich korrigiert. Die 10 Gebote werden ja im 5. Kapitel des Deuteronomium auch nochmals erwähnt, das Gebot "Du sollst nicht stehlen" bei 5.Mose 5,19.

      Liebe Grüße und in Frieden
      Kerstin

  3. Liebe Kerstin,
    daß es ursprünglich um Menschenhandel ging, habe ich noch nie gehört. Woher weißt Du das denn? Das würde natürlich die Strafe für Diebstahl im Koran, wenn es denn um dasselbe geht, eher erklären, wenn es denn tatsächlich das Abschneiden der Hände wäre (und nicht das Einschneiden oder Ressurcen abschneiden) und auch, warum in der Geschichte von Josef, wo es ja um Diebestahl von Dingen geht, eine ganz andere Strafe angewandt wird.

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